Portfolio

Jiri Benovsky

Jiri Benovsky

Philosoph und Fotograf
Text
Laurent Grabet
Copyright
Jiri Benovsky
Erscheinungstermin
22.09.2017

Der Wahlgenfer doziert an der Uni Freiburg Philosophie. Daneben betätigt er sich als Bergfotograf. Jiri Benovsky erzählt, wie er seine Liebe zu den Bergen entdeckte und zeigt uns einige seiner schönsten Aufnahmen.

Bis vor zehn Jahren hatte Jiri Benovsky noch nie Steigeisen montiert. Heute besteigt der 39-Jährige Schweizer mit tschechischen Wurzeln schwindelerregende Gipfel, die Kamera immer griffbereit. Bei seinen Hochgebirgtrips verfolgt er vor allem ein Ziel: Er will die Schönheit und die Gefühle, die man auf einem Viertausender spürt, mit der Kamera festhalten. Jiri Benovskys schönste Aufnahmen wurden auch schon in einem Bildband veröffentlicht (Les Alpes, l’image qu’on s’en fait, l’image qu’on en fait, Editions Slatkine). Ein zweiter zur Ästhetik des Alpinismus ist in Vorbereitung.

Jiri Benovskys Faszination für Bergfotografie begann mit einer schicksalhaften Begegnung. Der gebürtige Tscheche erteilt neben seiner Dozenten- und Forschungstätigkeit an der Uni Freiburg im Studienfach Philosophie Fotokurse. Unter seinen Schülern war ein gewisser Pascal Arpin (pascal-arpin.fr), Bergführer von Beruf. „Wir verstanden uns auf Anhieb. Pascal bot mir an, mich ins Hochgebirge mitzunehmen“, erzählt Benovsky. „Er führte mich zum Mont-Blanc du Tacul, meinem ersten Viertausender. Dort sah ich zu meiner Rechten die blau schimmernde Eiswand eines Bergschrunds und zu meiner Linken die aufgehende Sonne, die die Aiguille du Midi in ein goldenes Licht tauchte. Es war Liebe auf den ersten Blick und kam völlig unerwartet“, beschreibt der Fotograf sein auslösendes Erlebnis. Er vergleicht es mit seiner Studienwahl, der Philosophie, für die er sich von einem auf den anderen Tag entschieden habe, obwohl er eigentlich Wirtschaft studieren und einen MBA machen wollte, um reich zu werden.

Bergsteigen von heute auf morgen

„Sozusagen am nächsten Tag investierte ich 10’000 Franken in Bergsteigermaterial. Ich meldete mich für Kletter- und Freeride-Skifahrerkurse an und begann täglich auf den Salève zu joggen.“ Jiri Benovsky achtet deshalb so gut auf seine Kondition, weil er „im richtigen Moment am richtigen Ort sein will“, um den Auslöser zu betätigen. Jedes seiner Bilder ist genau durchdacht und wird anschliessend nachbearbeitet, damit es seinen ganzen Zauber entfaltet. Er möchte mit dem eingefangenen Licht malen, eine Emotion übermitteln und eine Geschichte erzählen, die Träume weckt, sagt der Genfer.

Wenn es ihm gelingt, das von Kant beschworene „Gefühl des Erhabenen“ auszulösen, hat Jiri Benovsky sein Ziel erreicht. „Ich meine damit dieses starke Gefühl, das man im Angesicht der Grösse und der Schönheit der Natur spüren kann und das uns daran erinnert, wie klein wir sind, indem es uns unsere Endlichkeit vor Augen führt.“ Diese Kraft, die Berge versetzen kann und sich in schöpferische Energie verwandelt, schöpft er aus seinen Kindheitserinnerungen. Seine Familie verbrachte die gesamte Freizeit in einem Kartonhaus ohne Wasser und Strom mitten im Wald. Die Nähe zur Natur war es wohl auch, die ihn dazu veranlasste, sich mit existentiellen Fragen auseinanderzusetzen, mit denen er sich dann an der Uni Genf eingehend beschäftigte: Was ist Zeit, Natur, Materie und der Weltraum?

Jiri Benovsky erzählt gerne Geschichten. „Ein Foto bedeutet nicht nur, die Realität festzuhalten, sondern ihm einen erzählenden Inhalt zu verleihen“, erklärt der 39-Jährige, der diese These in der philosophischen Abhandlung Qu’est-ce qu’une photographie? (erschienen im Vrin-Verlag) vertiefte.

Fotografieren als Familientradition

Bilder haben im Leben von Jiri Benovsky schon immer eine wichtige Rolle gespielt. Seine Eltern, beide begeisterte Amateurfotografen, hatten im Badezimmer in Prag sogar eine Dunkelkammer eingerichtet. Viele Jahre später begann der Philosoph mit der digitalen Fotografie. Vollzeit als Profifotograf zu arbeiten hat ihn aber nie gereizt. Dazu ist ihm sein Beruf als Philosoph zu wichtig. Ausserdem kann er dank seines Einkommens aus seiner Lehrtätigkeit Fotos schiessen, von denen er oft monatelang geträumt hat. „Finanziell kostet mich das Fotografieren mehr, als es mir einbringt“, sagt Benovsky.

Jiri Benovsky bietet mit seinem Freund Pascal Arpin regelmässig Fotokurse an. Der nächste findet im März 2018 oberhalb des Polarkreises, im norwegischen Tromsø, statt. „Wenn man sich von Positivem genährt hat, wie ich das mit der Philosophie und der Fotografie getan habe, möchte man dieses Gefühl mit anderen teilen“, betont der fotografierende Philosoph.

www.benovsky.com